Bundespräsident
  
Bundespräsident (Deutschland)Der Bundespräsident ist das Staatsoberhaupt der Bundesrepublik Deutschland. Durch die Verfassung ist seine Macht im politischen System des Landes jedoch beschränkt und umfasst vor allem repräsentative Tätigkeiten, weshalb er auch als pouvoir neutre bezeichnet wird. Nichtsdestoweniger ist er der Exekutive zuzurechnen. Seine Amtssitze sind das Schloss Bellevue in Berlin und die Villa Hammerschmidt in Bonn. In der Ausübung seiner Aufgaben unterstützt ihn das Bundespräsidialamt.
Der Bundespräsident wird für eine Amtszeit von fünf Jahren von der Bundesversammlung
gewählt. Anschließende Wiederwahl ist nur einmal zulässig. Eine spätere
Wiederwahl ist nicht ausgeschlossen, wenn zwischenzeitlich ein anderer
Bundespräsident im Amt war. Derzeitiger Amtsinhaber ist Horst Köhler.
Das Amt des BundespräsidentenEin ganzer Abschnitt ist im Grundgesetz dem Amt des Bundespräsidenten
gewidmet - die Aufgaben des "ersten Mannes im Staate" im In- und
Ausland gehen aber über das verfassungsrechtlich Normierte weit hinaus.
"Erster Repräsentant des Staates", "Integrationsfigur", "Oberster
Bundesnotar" - diese Attribute beschreiben Aspekte des Amtes des
Bundespräsidenten, über die in dieser Rubrik mehr zu erfahren ist.
Verfassungsrechtliche GrundlagenArt. 54 bis 61 GG Das Grundgesetz enthält einen eigenen Abschnitt (Abschnitt V., Art. 54
bis 61 GG) über den Bundespräsidenten. Außer in diesem Abschnitt sind
seine Aufgaben und Befugnisse teils verstreut im Verfassungstext, teils
im einfachen Recht geregelt, teils haben sie sich im Laufe der Zeit
durch die Staatspraxis entwickelt.
Staatstheoretische Funktion
Der Bundespräsident steht als Staatsoberhaupt protokollarisch an der
Spitze des Staates. Er ist das Verfassungsorgan, das die Bundesrepublik
Deutschland nach innen und nach außen repräsentiert. Dies
geschieht, indem der Bundespräsident durch sein Handeln und
öffentliches Auftreten den Staat selbst - seine Existenz, Legitimität,
Legalität und Einheit - sichtbar macht. Darin kommen zugleich die
Integrationsaufgabe und die rechts- und verfassungswahrende
Kontrollfunktion seines Amtes zum Ausdruck. Sie wird ergänzt durch eine
politische Reservefunktion für Krisensituationen des parlamentarischen
Regierungssystems.
Abkehr von Weimar
Die Aufgaben und Befugnisse des Bundespräsidenten sind erheblich
geringer als die Kompetenzen, die der Reichspräsident nach der Weimarer
Reichsverfassung besaß. Reichspräsident von Hindenburg hatte seine
Befugnisse gegen Ende der Weimarer Republik unheilvoll genutzt. Daraus
zog der Parlamentarische Rat die Konsequenz, die politischen Rechte des
Bundespräsidenten stark zu begrenzen. So kann er weder alleine den
Kanzler bestimmen noch "Notverordnungen" erlassen; auch hat er nicht
den Oberbefehl über die Streitkräfte.
Das Amt des Bundespräsidenten erschließt sich allerdings nicht nur aus
dem Vergleich mit dem des Reichspräsidenten. Es ist vielmehr durch das
Grundgesetz neu ausgestaltet worden und gewinnt seine Konturen im
Wesentlichen mit Blick auf die anderen Verfassungsorgane (Deutscher Bundestag, Bundesrat, Bundesregierung, Bundesverfassungsgericht).
Aufgaben
Zu den klassischen Funktionen, die der Bundespräsident als Staatsoberhaupt hat, gehören:
- die Repräsentation der Bundesrepublik Deutschland nach innen
und außen (durch sein öffentliches Auftreten bei staatlichen,
gesellschaftlichen und kulturellen Veranstaltungen, durch Reden, durch
Besuche in Ländern und Gemeinden, durch Staatsbesuche im Ausland und
den Empfang ausländischer Staatsgäste),
- die
völkerrechtliche Vertretung der Bundesrepublik Deutschland (Art. 59
Abs. 1 Satz 1 GG), der Abschluss von Verträgen mit auswärtigen Staaten
(Art. 59 Abs. 1 Satz 2 GG), die Beglaubigung (Bestellung) der deutschen
diplomatischen Vertreter und der Empfang (Entgegennahme der
Beglaubigungsschreiben) der ausländischen Diplomaten (Art. 59 Abs. 1
Satz 3 GG).
Zu den wichtigsten weiteren Aufgaben zählen:
- er Vorschlag für die Wahl des Bundeskanzlers (Art. 63 GG),
- die Ernennung und Entlassung des Bundeskanzlers (Art. 63, 67 GG) und der Bundesminister (Art. 64 GG),
- die Auflösung des Bundestages (Art. 63 Abs. 4 Satz 3, Art. 68 GG),
- die Ausfertigung (Unterzeichnung) und Verkündung von Gesetzen (Art. 82 GG),
- die Ernennung und Entlassung der Bundesrichter, der Bundesbeamten, der Offiziere und Unteroffiziere (Art. 60 Abs. 1 GG),
- das Begnadigungsrecht für den Bund (Art. 60 Abs. 2 GG).
Prägung des Amtes durch die Person
Der Bundespräsident ist das einzige Verfassungsorgan, das aus nur einer
Person besteht. Die Persönlichkeit des Amtsinhabers prägt deshalb
zwangsläufig die Amtsführung in besonderem Maße. Nicht zuletzt aus
diesem Grunde hat die bisherige Staatspraxis maßgeblichen Einfluss auf
die heutige verfassungsrechtliche Stellung des Bundespräsidenten
genommen.
So entspricht es guter Übung, dass sich das Staatsoberhaupt mit
öffentlichen Äußerungen zu tagespolitischen Fragen zurückhält, die
parteipolitisch umstritten sind. Die ihm auferlegte parteipolitische
Neutralität und Distanz zur Parteipolitik des Alltags geben ihm die
Möglichkeit, klärende Kraft zu sein, Vorurteile abzubauen,
Bürgerinteressen zu artikulieren, die öffentliche Diskussion zu
beeinflussen, Kritik zu üben, Anregungen und Vorschläge zu machen.
Aufgaben und Befugnisse
Der Bundespräsident hat in seiner Funktion als Staatsoberhaupt vor allem repräsentative Aufgaben:
- er vertritt die Bundesrepublik völkerrechtlich,
- er beglaubigt diplomatische Vertreter und
- er hat auf Bundesebene das Begnadigungsrecht, welches er allerdings teilweise an andere Bundeseinrichtungen delegiert hat; er kann aber keine Amnestie aussprechen,
- Unterzeichnung und Verkündung der Bundesgesetze durch Bekanntmachung im Bundesgesetzblatt,
- Vorschlagen eines Kandidaten zum Bundeskanzler zur Wahl durch den Bundestag sowie dessen Ernennung und Entlassung,
- Ernennung und Entlassung von Bundesministern auf Vorschlag des Bundeskanzlers,
- Ernennung und Entlassung von Bundesrichtern, Bundesbeamten, Offizieren und Unteroffizieren, sofern nichts anderes durch Anordnungen und Verfügungen bestimmt ist,
- Verkündung der Feststellung des Verteidigungsfalls und Abgabe völkerrechtlicher Erklärungen nach Beginn eines Angriffes sowie
- Einberufung der Parteienfinanzierungskommission nach dem Parteiengesetz
In all diesen Fällen ist der Bundespräsident vor allem Ausführender.
Fast jeder dieser Akte bedarf nach Artikel 58 des Grundgesetzes der
Gegenzeichnung durch ein Mitglied der Bundesregierung. Dies führt dazu,
dass der Bundespräsident gelegentlich ironisch als Bundesnotar bezeichnet wird.
Der Bundespräsident vertritt völkerrechtlich die Bundesrepublik. Er beglaubigt deutsche Vertreter (in der Regel durch Akkreditierungsbrief)
und empfängt und bestätigt Vertreter Internationaler Organisationen und
ausländischer Staaten in Deutschland durch Entgegennahme ihrer
Akkreditierung (→ Agrément).
Für den Abschluss völkerrechtlicher Verträge stellt er deutschen
Vertretern die erforderliche Vollmacht aus und wenn diese unterzeichnet
sind, verkündet er das Zustimmungs- und Transformationsgesetz und
fertigt die Ratifikationsurkunde aus. Damit erklärt die Bundesrepublik
im Außenverhältnis, den Vertrag für verbindlich und wirksam anzusehen.
Die politische und materielle Entscheidung hierzu trifft allerdings die
Bundesregierung.
Der Bundespräsident unternimmt Staatsbesuche. Regelmäßig machte der Bundespräsident seinen ersten Staatsbesuch im Amt in Frankreich. Bundespräsident Köhler ist von dieser Regel abgewichen, indem er seinen ersten Staatsbesuch seinem Geburtsland Polen, Deutschlands östlichem Nachbarn, abstattete.
Die Feststellung des Verteidigungsfalls, die auf Antrag der Bundesregierung durch Bundestag und Bundesrat
erfolgt, wird vom Bundespräsidenten im Bundesgesetzblatt verkündet.
Sobald der Verteidigungsfall verkündet ist, kann der Bundespräsident
mit Zustimmung des Bundestages völkerrechtliche Erklärungen über das
Bestehen des Verteidigungsfalls abgeben.
Der Bundespräsident schlägt nach Artikel 63 dem Bundestag einen
Kandidaten für die Wahl zum Bundeskanzler vor. Dem Vorschlag gehen
regelmäßig Gespräche mit den betroffenen Politikern voraus. Rechtlich
ist der Bundespräsident in seiner Vorschlagsentscheidung frei. Jedoch
hat bisher jeder Bundespräsident den Kandidaten der bei der Bundestagswahl
siegreichen Koalition zum Bundeskanzler vorgeschlagen; jeder dieser
Kandidaten ist dann auch gewählt worden. Sollte der vom
Bundespräsidenten vorgeschlagene Kandidat nicht gewählt werden, so
beginnt eine zweiwöchige Frist, in der der Bundestag unabhängig vom
Vorschlag einen Bundeskanzler wählen kann. In jedem Fall muss der
Bundespräsident einen mit absoluter Mehrheit gewählten Kandidaten
ernennen. Kommt eine Wahl mit absoluter Mehrheit aber weder in den zwei
Wochen noch in der sich unmittelbar anschließenden dritten Wahlphase
zustande, so ist die Ernennung eines Minderheitskanzlers ebenso möglich
wie die Auflösung des Bundestages. In diesen Fällen ist eine
Gegenzeichnung durch die Bundesregierung nicht erforderlich.
Der Bundespräsident muss die vom Bundeskanzler Vorgeschlagenen zu
Bundesministern ernennen. Er hat hier allenfalls ein formales
Prüfungsrecht, etwa ob der Vorgeschlagene Deutscher ist; er besitzt
jedoch kein materielles oder personelles Prüfungsrecht. Ein
diesbezügliches Ansinnen von Theodor Heuss, der sich vor der Ernennung der Minister des ersten Kabinetts Adenauer eine Ministerliste vorlegen lassen wollte, wurde von Adenauer zurückgewiesen.
Auch bei der Entlassung eines Ministers hat der Bundespräsident kein
Mitspracherecht. Er muss die vom Bundeskanzler getroffene Entscheidung
formal nachvollziehen.
Der Bundespräsident kann einen Rücktritt des Bundeskanzlers nicht
ablehnen; er muss den Bundeskanzler in diesem Fall entlassen. Er muss
auch im Falle des erfolgreichen Misstrauensvotums den bisherigen Amtsinhaber entlassen und den neu Gewählten ernennen.
Der Bundespräsident kann nach Artikel 69 des Grundgesetzes einen
entlassenen Bundeskanzler oder Bundesminister ersuchen, die
Amtsgeschäfte bis zur Wahl eines Nachfolgers weiterzuführen. Er hat
dies in der Regel so gehandhabt. Einzige bedeutende Ausnahme war die
Entlassung von Willy Brandt
nach dessen Rücktritt 1974. Hier hatte Brandt darum gebeten, nicht mit
der Weiterführung der Amtsgeschäfte betraut zu werden. Heinemann
entsprach diesem Wunsch; somit amtierte der soeben entlassene Vizekanzler Walter Scheel für einige Tage als Bundeskanzler.
Der Bundespräsident wirkt nicht mit bei der Ernennung des
Stellvertreters des Bundeskanzlers. Dies ist eine Entscheidung, die
ausschließlich durch den Kanzler getroffen und vollzogen wird.
In der Vergangenheit haben die Bundespräsidenten bisher lediglich
acht Mal, jedoch unter großer öffentlicher Beachtung, Gesetze
„angehalten“, das heißt nicht unterzeichnet. Einige zogen in ihren
Begründungen Fehler im Gesetzgebungsverfahren heran, andere monierten
materielle Verstöße gegen das Grundgesetz.
Theodor Heuss kippte 1951 das „Gesetz über die Verwaltung der Einkommens- und Körperschaftssteuer“, weil ihm die Zustimmung des Bundesrates
fehlte. Neun Jahre später verweigerte sein Nachfolger Heinrich Lübke
dem „Gesetz über den Betriebs- und Belegschaftshandel“ seine
Unterschrift. Er sah darin einen unzulässigen Eingriff in die Berufsfreiheit
(Art. 12 Abs. 1 GG). Gleich zweimal zeigte Gustav Heinemann dem
Gesetzgeber seine Grenzen auf: Sowohl für das Ingenieurgesetz (1969)
als auch das Architektengesetz (1970) sah er keine Gesetzgebungskompetenz des Bundes gegeben.
Das „Gesetz zur Erleichterung der Wehrdienstverweigerung“
wurde 1976 von Walter Scheel gestoppt, der wie schon Heuss die
Zustimmung der Länderkammer vermisste. Bundespräsident von Weizsäcker
hielt 1991 das „10. Gesetz zur Änderung des Luftverkehrsgesetzes“,
welches die formale Privatisierung der Luftverkehrsverwaltung vorsah,
für materiell verfassungswidrig und unterzeichnete es nicht. Dies
führte zur Einfügung des Artikels 87d Absatz 1 Satz 2 in das Grundgesetz, der es dem Gesetzgeber freistellte, ob er die Luftverkehrsverwaltung in öffentlich-rechtlicher oder in privatrechtlicher Weise gestaltet. Daraufhin wurde das Gesetz erneut beschlossen und schließlich von Weizsäcker unterzeichnet.
Horst Köhler unterschrieb im Oktober 2006 das Gesetz zur Neuregelung der Flugsicherung wegen Unvereinbarkeit mit Art. 87d Abs. 1 GG nicht. Im Dezember 2006 wies er das Verbraucherinformationsgesetz
zurück, da es aus seiner Sicht im Widerspruch zu Art. 84 Abs. 1 Satz 7
GG steht, der es dem Bund verbietet, per Gesetz den Gemeinden Aufgaben
zu übertragen.
In neun Fällen unterzeichneten Bundespräsidenten zwar Gesetze,
verbanden dies jedoch mit einer öffentlichen Erklärung über
verfassungsmäßige Bedenken. So verhielten sich u. a. Carstens beim Staatshaftungsgesetz 1981, von Weizsäcker bei der Neuregelung der Parteienfinanzierung 1994, Herzog beim Atomgesetz 1994, Rau beim Zuwanderungsgesetz 2002 und Köhler beim Luftsicherheitsgesetz 2006.
Der Bundespräsident hat bei der Unterzeichnung von Gesetzen
ein formales Prüfungsrecht, ob diese verfassungsgemäß zustande gekommen
sind. Teile der Rechtswissenschaft sehen dies sogar als Prüfungspflicht. Die Existenz eines materiellen Prüfungsrechtes ist allerdings umstritten.
Insgesamt herrscht in der Staatswissenschaft überwiegend die
Ansicht, dass der Bundespräsident ein Gesetz lediglich bei
offensichtlicher Kollision mit der Verfassung – inhaltlich oder beim
Zustandekommen – anhalten dürfe, da ihm nicht zuzumuten sei, ein
offensichtlich verfassungswidriges Gesetz zu unterschreiben. Ansonsten
sei die Feststellung der Verfassungswidrigkeit Aufgabe des
Bundesverfassungsgerichts.
Dieser Auffassung wird entgegengehalten, dass das Verfassungsgericht
nur ausgefertigte und in Kraft getretene Gesetze prüfe. Eine präemptive Normenkontrolle
ordne das Grundgesetz dem Gericht aber nicht zu, sodass insoweit eine
Lücke bestehe. Dieses Gegenargument übersieht seinerseits, dass die
Entscheidung des Bundespräsidenten, ein Gesetz nicht auszufertigen,
justiziabel ist. Der Bundestag hat die Möglichkeit, gegen diese das
Bundesverfassungsgericht im Wege der Organklage gem. § 13 Nr. 5, §§ 63
ff. BVerfGG, Art. 93 Abs. 1 Nr. 1 GG anzurufen.
Der herrschenden Meinung wird weiter entgegengehalten, dass der
Bundespräsident in anderen zugespitzten Situationen eine
politisch-materielle Prüfungskompetenz habe, so z. B. wenn er über eine
Parlamentsauflösung in Folge einer verbundenen Vertrauensfrage
oder über die Erklärung eines Gesetzgebungsnotstands entscheide. Ein
verabschiedetes Gesetz anzuhalten sei dagegen nur ein juristisches
Minus, also politisch und verfassungsrechtlich ein milderes Mittel. (→ Vertrauensfrage)
Wurde ein Gesetz vom Bundespräsidenten nicht unterschrieben, so kann
es nicht zustande kommen. Der Politik verbleiben als Möglichkeiten
Wirkliche politische Befugnisse wachsen dem Amtsinhaber nur in eng umrissenen Ausnahmesituationen zu. So kann er in zwei Fällen den Bundestag auflösen: Sollte bei der Wahl des Bundeskanzlers der vorgeschlagene Kandidat für dieses Amt auch im dritten Wahlgang nur eine relative Mehrheit erhalten, hat der Bundespräsident die Möglichkeit, ihn zu ernennen (Minderheitsregierung)
oder aber den Bundestag aufzulösen (Artikel 63 des Grundgesetzes). In
diesem Fall benötigt die Auflösungsanordnung keine Gegenzeichnung durch
die Bundesregierung, zumal eine solche nicht im Amt ist.
Ebenso kann der Bundespräsident den Bundestag nach einer
gescheiterten Vertrauensfrage auflösen (Artikel 68 des Grundgesetzes).
Dies geschah bisher dreimal:
Allerdings wurden diese Auflösungen von den jeweiligen
Regierungsfraktionen bewusst herbeigeführt, um gewünschte Neuwahlen zu
ermöglichen. Gegen Carstens’ Auflösungsentscheidung strengten
Mitglieder des Bundestages eine Organklage an. Das Bundesverfassungsgericht
kam in seinem Urteil zwar zu der Ansicht, dass der Bundespräsident zu
prüfen hat, ob der Bundeskanzler tatsächlich nicht mehr das Vertrauen
des Bundestages besitzt oder ob dieser die Auflösung missbräuchlich
betreiben will, bestätigte aber letztlich die Auflösung des Bundestages.
Im Falle der verlorenen Abstimmung über die Vertrauensfrage ist der
Bundespräsident auf Antrag der Bundesregierung und mit Zustimmung des
Bundesrates befugt, aber nicht verpflichtet, den Gesetzgebungsnotstand
nach Artikel 81 des Grundgesetzes zu erklären. Dieser Fall ist in der
Geschichte der Bundesrepublik bisher noch nicht eingetreten.
Der Bundespräsident ist berechtigt, Nationalhymne, Flagge, Wappen, Uniformen,
Dienstkleidung, Amtstracht der Richter des Bundes (mit Ausnahme der
Richter am Bundesverfassungsgericht), deren Verwendung, sowie
Staatsakte und Staatsbegräbnisse anzuordnen, sofern jeweils nicht der
Gesetzgeber wie etwa bei der Bundesflagge
(Artikel 22 Grundgesetz) tätig geworden ist. Diese Anordnungen müssen
jeweils von einem Mitglied der Bundesregierung gegengezeichnet werden.
Ebenso verleiht der Bundespräsident Orden und Ehrenzeichen, unter ihnen das Bundesverdienstkreuz in mehreren Stufen und das Silberne Lorbeerblatt.
Die Nationalhymne wurde in Briefwechseln zwischen Bundespräsident Heuss und Bundeskanzler Adenauer 1952 bzw. zwischen Bundespräsident von Weizsäcker und Bundeskanzler Kohl 1991 festgelegt.[1]
Die jeweilige Antwort der Bundeskanzler wird im Allgemeinen als
Gegenzeichnung zur Verfügung des Bundespräsidenten interpretiert. Diese
Deutung wird durch die Tatsache unterstützt, dass die Briefwechsel im
Bundesgesetzblatt veröffentlicht wurden und damit einen
quasi-offiziellen Charakter erhielten. Problematisch ist diese légere
Praxis jedoch bei strafbewehrten Staatssymbolen unter dem Aspekt des Vorbehalts des Gesetzes.[2]
Diese Befugnisse haben keine Grundlage im Grundgesetz oder einem
Bundesgesetz. Die Mehrheit der Staatsrechtslehrer begründet sie daher
mit der traditionellen Definitionshoheit von Staatsoberhäuptern über
Staatssymbole („Ehrenhoheit“).
Die schwache Position des Bundespräsidenten, die vor allem an
dem Gegenzeichnungserfordernis und seinen geringen realpolitischen
Befugnissen abzulesen ist, ist auch eine Reaktion auf die Erfahrungen
der Weimarer Republik (sog. Antwortcharakter einer Verfassung). Während der Beratungen des Parlamentarischen Rates
herrschte weitgehender Konsens aller Beteiligten, dass dem Präsidenten
nicht wieder eine solch überragende Stellung im politischen System
zukommen sollte wie seinerzeit dem Reichspräsidenten (→ Paul von Hindenburg). Insbesondere das Notverordnungsrecht (Artikel 48 der Weimarer Verfassung),
das Recht des Reichspräsidenten, im Notfall mit präsidentiellen
Erlassen am gewählten Parlament vorbei zu regieren, und das Recht des
Reichspräsidenten, den Reichskanzler
selbst zu ernennen und zwar in eigener politischer Entscheidung, werden
als ursächlich gesehen für die politische Krise der Weimarer Republik
ab 1930 mit den Kanzlern Heinrich Brüning, Franz von Papen und Kurt von Schleicher und schließlich das Abgleiten in die Diktatur unter Adolf Hitler. Allerdings war das Notverordnungsrecht zu Beginn der Weimarer Republik durch Friedrich Ebert noch in einer überwiegend als positiv bezeichneten Weise ausgeübt worden.
Die Wegnahme dieser beiden wichtigen Rechte war eine deutliche
Entmachtung des Präsidentenamts. Die Wahl und Absetzung des
Bundeskanzlers liegt ausschließlich in der Hand des Bundestages.
Parallel zu dieser Schmälerung seiner Befugnisse wurde auch der
Wahlmodus für den Präsidenten verändert: Wurde der Reichspräsident noch
vom Volk direkt gewählt (1925 und 1932),
so wird der Bundespräsident von der nur für diesen Zweck
zusammentretenden Bundesversammlung gewählt. Damit wurde die
demokratische Legitimation des Bundespräsidenten indirekter: Er ist
nicht mehr unmittelbar vom Souverän
gewähltes Organ der politischen Staatsführung. Die Ablehnung einer
(Wieder-)Einführung einer Direktwahl des Bundespräsidenten wird auch
damit begründet, dass ansonsten ein Missverhältnis zwischen starker
demokratischer Legitimation (er wäre dann neben dem Bundestag das
einzige direkt gewählte Verfassungsorgan) und geringer politischer Macht einträte.
Darüber hinaus erklärt sich die schwache Position des
Bundespräsidenten durch die bereits zu Anfang der Bundesrepublik
praktizierte „Kanzlerdemokratie“,
die sich in ihrer starken Ausprägung in Adenauers Regierungszeit
manifestierte. So ist der Grund für Adenauers Rückzieher von der
eigenen Kandidatur zum Bundespräsidenten 1959 – neben seiner Abneigung
seinem potentiellen Nachfolger Ludwig Erhard gegenüber – auch in der Erkenntnis zu sehen, dass er als Bundespräsident weniger Einfluss gehabt hätte denn als Bundeskanzler.
Der Bundespräsident erzielt politische Wirkung hauptsächlich
durch Reden, die gesellschaftliche Debatten aufgreifen oder anstoßen.
Als Beispiele hierfür gelten die Weizsäcker-Rede anlässlich des
40. Jahrestages der Beendigung des Zweiten Weltkrieges 1985[3] und die so genannte 'Ruck-Rede' Roman Herzogs von 1997.[4]
Wie kein anderer Politiker ist der Präsident von der Tagespolitik
unabhängig und kann daher wesentlich freier Themen und Zeitpunkt seiner
Äußerungen bestimmen, die der Überparteilichkeit verpflichtet sind.
Die verfassungsrechtliche Zulässigkeit von „Reden ohne
Gegenzeichnung“ ist umstritten, da eine Rede in ihrer faktischen
Wirkung möglicherweise einen stärkeren politischen Einfluss ausüben
kann als ein formaler Akt, für den in nahezu jedem Fall eine
Gegenzeichnung durch ein Mitglied der Bundesregierung notwendig ist.
Die Mehrheit der Staatsrechtler geht allerdings bei Reden von einer
gewissen Autonomie des Bundespräsidenten aus, zumal keine bindenden
Entscheidungen gefällt werden und er immerhin zu den Verfassungsorganen
zählt.
Der Amtsinhaber ist zugleich zur parteipolitischen Neutralität
verpflichtet. Die Bundespräsidenten haben hierbei meist in einer eher
abstrakten Weise Themen angesprochen (Herzogs Ruck-Rede, Raus
Globalisierungskritik), die sich in keine parteipolitische Richtung
interpretieren ließ, oder aber die Parteien insgesamt angegriffen
(Weizsäckers Wort von der Machtversessen- und -vergessenheit der
Parteien).
Auch die Tatsache, dass einige Bundespräsidenten in der Regel
Politiker waren, die sich in der Partei verdient gemacht haben, von der
sie in der Bundesversammlung gewählt werden, lässt Kritiker an der
parteipolitischen Unabhängigkeit und Neutralität des Bundespräsidenten
zweifeln.
Köhler ist der erste Präsident, der seine wichtigsten Ämter nicht in
Deutschland innegehabt hat und damit wirklich von Außerhalb in die
deutsche Politik gekommen ist. Befürworter halten ihm entsprechend
zugute, dass seine Reden nicht „rund geschliffen“ seien, um Kritikern
keine Angriffsfläche zu bieten; vielmehr seien sie offen und würden
Probleme treffend benennen. Hingegen halten Kritiker ihm vor, dass er
damit die Überparteilichkeit des Amtes ebenso verletze wie das Gebot
der Nichteinmischung in die Sachpolitik.
Eine bislang ungebrochene, ungeschriebene Regel ist, dass ein
ehemaliger Bundespräsident keine weiteren politischen Ämter mehr
anstrebt, sondern allenfalls als elder statesman am öffentlichen Leben teilnimmt.
Stellvertreter des Bundespräsidenten ist gem. Art. 57 GG der Bundesratspräsident.
Dies gilt unabhängig davon, ob der Bundespräsident nur zeitweilig
abwesend oder aber amtsunfähig ist. Häufig findet das Vertretungsrecht
faktisch nur auf Teile der Amtsbefugnisse des Bundespräsidenten
Anwendung, etwa wenn der Bundespräsident auf Staatsbesuch ist und
durchaus seinen (außenpolitischen) Verpflichtungen nachkommt,
andererseits aber ein Gesetz unterschrieben werden muss. In einem
solchen Fall wird das Gesetz regelmäßig vom Stellvertreter des
Bundespräsidenten unterzeichnet.
Der Bundespräsident übernimmt eine Reihe von Schirmherrschaften über
von ihm für sinnvoll erachtete Projekte. Auch wenn der Bundespräsident
nicht an die Übernahme von Schirmherrschaften seiner Vorgänger gebunden
ist, führt er etliche hiervon weiter, so die Schirmherrschaft über die Deutsche Gesellschaft zur Rettung Schiffbrüchiger (DGzRS). Ebenso verleiht der Bundespräsident Preise, darunter den Deutschen Zukunftspreis,
und gratuliert zu Jubiläen, z. B. für den 65. Hochzeitstag oder den
100. Geburtstag. Ebenfalls übernimmt er die Ehrenpatenschaft für das
siebte Kind in einer Familie.
Wenn der Bundespräsident als Zeuge in einem Verfahren aussagen soll,
muss er in seiner Wohnung vernommen werden. Zur Hauptverhandlung wird
er nicht geladen. Das Protokoll über seine gerichtliche Vernehmung ist
in der Hauptverhandlung zu verlesen. Dies ergibt sich für den Zivilprozess aus § 375 Abs. 2 ZPO und für den Strafprozess aus § 49 StPO.
Wer sich der Verunglimpfung des Bundespräsidenten (§ 90 StGB)
strafbar macht, kann strafrechtlich nur verfolgt werden, wenn der
Bundespräsident die Strafverfolgungsbehörden dazu ermächtigt. Eine
Nötigung des Bundespräsidenten (§ 106 StGB) kann jedoch auch ohne
dessen Einverständnis verfolgt werden.
Während seiner Amtszeit genießt der Bundespräsident strafrechtliche
Immunität. Der Bundespräsident kann nicht abgewählt werden. Die einzige
Möglichkeit, ihn seines Amtes zu entheben, ist die Präsidentenanklage
vor dem Bundesverfassungsgericht nach Artikel 61 GG.
Die Präsidentenanklage kann auf Antrag eines Viertels der Mitglieder des Bundestages
oder des Bundesrates durch Beschluss mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit
von Bundestag oder Bundesrat beim Bundesverfassungsgericht eingereicht
werden. Nach Erhebung der Anklage kann das Bundesverfassungsgericht per
Einstweiliger Anordnung erklären, dass der Präsident an der Ausübung
seines Amtes verhindert ist. Kommt es im Verfahren dann zu dem Schluss,
der Bundespräsident habe vorsätzlich gegen das Grundgesetz oder gegen
ein Bundesgesetz verstoßen, kann es ihn des Amtes entheben.
Das Instrument der Präsidentenanklage ist in der Geschichte der Bundesrepublik Deutschland bisher noch nie angewendet worden.
Der Bundespräsident darf nach Artikel 55 des Grundgesetzes weder der
Regierung noch einer gesetzgebenden Körperschaft auf Bundes- oder
Landesebene angehören. Ob sich dies auch auf kommissarische
Regierungsämter erstreckt, ist nicht normativ geklärt (siehe Bundespräsidentenwahl 1974, nach der Walter Scheel sowohl amtierender Bundeskanzler als auch gewählter Bundespräsident war).
Er darf ferner kein anderes besoldetes Amt, kein Gewerbe und keinen Beruf ausüben und darf weder der Leitung noch dem Aufsichtsrat eines auf Erwerb gerichteten Unternehmens angehören.
Nach § 22 des Europawahlgesetzes endet mit der Annahme der Wahl zum Bundespräsidenten auch eine etwaige Mitgliedschaft im Europäischen Parlament.
Zum Bundespräsidenten kann sich wählen lassen, wer mindestens 40
Jahre alt, Deutscher Staatsbürger ist und das Wahlrecht zum Bundestag
besitzt (Art. 54 Abs. 1 GG).
Die Kandidatenauswahl im Vorfeld der Wahl ist stark von der
absehbaren parteipolitischen Stimmverteilung in der Bundesversammlung
und parteitaktischen Überlegungen geprägt. Je nach Ausgangslage
versuchen die beiden großen Parteien, in einem innerparteilichen
Prozess einen Kandidaten zu finden, für den sich in der
Bundesversammlung eine Mehrheit mobilisieren lässt.
Die Dominanz solcher Überlegungen und Absprachen bei der
Kandidatenauswahl, führten zu Diskussionen, die Verfassung zu ändern
und eine Direktwahl des Bundespräsidenten durch das Volk zu
ermöglichen. Befürworter argumentieren, eine Direktwahl durch das Volk
würde das gesamte Wahlverfahren transparenter machen und Entscheidungen
wieder aus politischen Hinterzimmern in das Licht der Öffentlichkeit
bringen. Gegner einer Direktwahl meinen, dass eine Direktwahl den
Prinzipien einer repräsentativen Demokratie
zuwider laufen würde und außerdem das Amt des Präsidenten zu wenig
Machtbefugnisse habe, um für eine Direktwahl in Frage zu kommen.
Die Zusammensetzung der Bundesversammlung spiegelt das föderative System der Bundesrepublik Deutschland wider: Sie besteht aus den Mitgliedern des Bundestags und ebenso vielen von den 16 Landesparlamenten
gewählten Wahlmännern. Üblicherweise handelt es sich hierbei um
Landtagsabgeordnete und einige Persönlichkeiten des öffentlichen
Lebens, etwa aus Wirtschaftsverbänden oder Prominente. Mitglieder der
Bundesversammlung genießen mit der Annahme ihrer Wahl bis zur Auflösung
der Bundesversammlung Immunität. Der Bundestagspräsident hat den Vorsitz der Bundesversammlung.
Der Präsident wird von der Bundesversammlung ohne Aussprache und geheim gewählt. Bei der Wahl muss ein Kandidat die (absolute) Mehrheit
der Mitglieder auf sich vereinen. Erst wenn dies in zwei Wahlgängen
keinem Kandidaten gelingt, reicht in einem dritten Wahlgang die
relative Mehrheit aus. Die Wahl erfolgt auf fünf Jahre; eine einmalige
Wiederwahl ist möglich. Staatsrechtler sind überwiegend der Meinung,
dass die Formulierung „Anschließende Wiederwahl ist nur einmal
zulässig“ im Artikel 54 des Grundgesetzes mehr als zwei Amtszeiten
einer Person gestattet, sofern nicht mehr als zwei Amtszeiten
unmittelbar aneinander anschließen. Wählbar ist jeder Deutsche, der das
40. Lebensjahr vollendet hat und das passive Wahlrecht besitzt.
Zur Einführung einer Direktwahl wäre eine Verfassungsänderung notwendig.
In einer gemeinsamen Sitzung von Bundestag und Bundesrat wird der
neue Bundespräsident am Tag des Amtsantritts (üblicherweise der 1. Juli) vom Bundestagspräsidenten vereidigt. Der Eid lautet nach Artikel 56 GG: „Ich
schwöre, dass ich meine Kraft dem Wohle des deutschen Volkes widmen,
seinen Nutzen mehren, Schaden von ihm wenden, das Grundgesetz und die
Gesetze des Bundes wahren und verteidigen, meine Pflichten gewissenhaft
erfüllen und Gerechtigkeit gegen jedermann üben werde. So wahr mir Gott
helfe.“ Die religiöse Beteuerung kann auch weggelassen werden. Der
Eid muss auch als solcher geleistet werden; eine Bekräftigung – wie sie
im Strafgesetzbuch für Personen vorgesehen ist, die aus religiösen
Gründen keinen Eid leisten möchten – ist nicht zulässig. Diese
Verpflichtung ist verfassungsmäßig, da die Übernahme des Amtes des
Bundespräsidenten freiwillig erfolgt und weil der Eid in der Verfassung
selbst vorgesehen ist.
Ab dem Zeitpunkt seiner Vereidigung erhält der Bundespräsident eine Besoldung von etwa € 213.000 jährlich, die nach dem Ausscheiden aus dem Amt als Ehrensold bis zum Lebensende ausgezahlt wird.
Seit dem Jahr 1969 endete die Amtszeit des Bundespräsidenten stets mit Ablauf des 30. Juni, und sein Nachfolger trat sein Amt mit Beginn des 1. Juli an. Der Bundespräsident wird traditionell mit einem Großen Zapfenstreich aus seinem Amt verabschiedet. Bisher lehnte dies nur Gustav Heinemann ab.
Diese Regel kann allerdings jederzeit durch die vorzeitige
Erledigung des Amtes des Bundespräsidenten unterbrochen werden. Die
Amtszeit endet vorzeitig, wenn der Bundespräsident
In diesem Fall tritt die Bundesversammlung nach Artikel 54 Absatz 4
Satz 1 des Grundgesetzes spätestens 30 Tage nach der Erledigung des
Amtes zusammen und wählt einen Bundespräsidenten, dessen Amtszeit
unmittelbar nach der Annahme der Wahl beginnt. Bis zur Neuwahl übt der
Präsident des Bundesrates die Befugnisse des Bundespräsidenten aus.
Im Verteidigungsfall kann sich die Amtszeit des Bundespräsidenten
nach Artikel 115h des Grundgesetzes verlängern. Die Amtszeit des
Bundespräsidenten oder die Wahrnehmung der Befugnisse durch den
Präsidenten des Bundesrates im Vertretungsfall enden in diesem Falle
neun Monate nach Beendigung des Verteidigungsfalles.
Erster – Berliner – Amtssitz ist das Schloss Bellevue, zweiter – Bonner – Amtssitz die Villa Hammerschmidt. Das neue, 1998 eingeweihte Bundespräsidialamt – von den Berlinern etwas respektlos Präsidentenei genannt – befindet sich in unmittelbarer Nachbarschaft zum Schloss Bellevue. Die Standarte des Bundespräsidenten ist ein gleichseitiges, rotgerändertes, goldfarbenes Rechteck, in dem sich der Bundesadler,
schwebend, nach der Stange gewendet, befindet. Das Verhältnis der
Breite des roten Randes zur Höhe der Standarte ist wie 1:12 (gemäß der
Anordnung über die deutschen Flaggen). Wenn der Bundespräsident in
Berlin verweilt oder abwesend ist, ohne am Aufenthaltsort eine
offizielle Residenz (etwa bei einem Staatsbesuch) einzurichten, ist das
Stander am Schloss Bellevue gesetzt, andernfalls nicht.
Bundespräsidenten der Bundesrepublik Deutschland |
Nr.
Name (Lebensdaten)
Partei
Beginn der Amtszeit
Ende der Amtszeit
Wahl(en)
1 |
Theodor Heuss (1884–1963) |
FDP |
13. September 1949 |
12. September 1959 |
1949/1954 |
2 |
Heinrich Lübke (1894–1972) |
CDU |
13. September 1959 |
30. Juni 1969 |
1959/1964 |
3 |
Gustav Heinemann (1899–1976) |
SPD |
1. Juli 1969 |
30. Juni 1974 |
1969 |
4 |
Walter Scheel (* 1919) |
FDP |
1. Juli 1974 |
30. Juni 1979 |
1974 |
5 |
Karl Carstens (1914–1992) |
CDU |
1. Juli 1979 |
30. Juni 1984 |
1979 |
6 |
Richard von Weizsäcker (* 1920) |
CDU |
1. Juli 1984 |
30. Juni 1994 |
1984/1989 |
7 |
Roman Herzog (* 1934) |
CDU |
1. Juli 1994 |
30. Juni 1999 |
1994 |
8 |
Johannes Rau (1931–2006) |
SPD |
1. Juli 1999 |
30. Juni 2004 |
1999 |
9 |
Horst Köhler (* 1943) |
CDU |
1. Juli 2004 |
|
2004 |
Vom 7. September bis 12. September 1949 war Bundesratspräsident Karl Arnold amtierendes Staatsoberhaupt, weil es noch keinen Bundespräsidenten gab.
Theodor Heuss
prägte als erster Bundespräsident dieses Amt in ähnlicher Weise wie
Konrad Adenauer das Amt des Bundeskanzlers. Der Liberale, der schon in
der Weimarer Republik Mitglied des Reichstages gewesen war, übte sein
Amt weitestgehend überparteilich aus und konnte durch seinen
demokratischen und kulturellen Hintergrund auch im Ausland Vertrauen in
das neue demokratische Westdeutschland zurück gewinnen. Auch seine
intellektuellen Reden zu aktuellen Streitfragen ließen ihn zum Vorbild
für seine Nachfolger werden. Eine dritte Amtszeit, zu der eine
Grundgesetzänderung nötig gewesen wäre, lehnte er ab, da er die
Schaffung einer „lex Heuss“ vermeiden wollte. |
Schon die Art der Nominierung Heinrich Lübkes
zum Bundespräsidenten als Ersatz für den sich von seiner ursprünglich
geplanten Bundespräsidentenkandidatur zurückziehenden Adenauer
prädestinierte ihn zu einer schwachen Präsidentschaft. Dennoch
versuchte er, auch als Bundespräsident in die Politik einzugreifen. Zum
Teil scheiterte er dabei (auch er wollte sich wie Heuss eine
Ministerliste vorlegen lassen), zum Teil gelang es ihm, etwa indem er
für die Bundespräsidenten das Recht in Anspruch nahm, Gesetze
„anzuhalten“, wenn sie gegen das Grundgesetz verstoßen. Dennoch bleiben
von seiner Präsidentschaft häufig nur rhetorische Fehlgriffe in
Erinnerung, die auch auf Auslandsreisen zu peinlichen Situationen
führten. |
Obwohl Gustav Heinemann
nicht – wie alle Vorgänger und Nachfolger – mit einer absoluten
Mehrheit ins Amt gewählt worden war, wurde er als vollwertiger
Bundespräsident anerkannt. Seine Wahl war insofern hochpolitisch, als
sie die später im Jahr 1969 folgende sozialliberale Koalition vorweg
nahm. Seine tiefen moralischen Überzeugungen, die ihn 1950 aus Protest
gegen die Wiederbewaffnung zum Rücktritt als Bundesinnenminister und zum Austritt aus der CDU
geführt hatten, machten ihn zu einem anerkannten Bundespräsidenten, der
sich selbst als „Bürgerpräsident“ betrachtete und die demokratischen
und liberalen Traditionen Deutschlands betonte. Obwohl ihm die
Mehrheitsverhältnisse in der Bundesversammlung 1974 eine Wiederwahl
ermöglicht hätten, verzichtete er auf die Kandidatur für eine zweite
Amtszeit. |
Der erste ehemalige stellvertretende Bundeskanzler im Amt des
Bundespräsidenten versuchte auch in seinem neuen Amt politisch
mitzuwirken. Dieses Ansinnen scheiterte jedoch auch am entschiedenen
Widerstand von Bundeskanzler Schmidt, sodass Walter Scheel vor allem als singender Bundespräsident in Erinnerung geblieben ist („Hoch auf dem gelben Wagen“). |
Karl Carstens
war der fünfte Bundespräsident der Bundesrepublik und wurde auch als
„wandernder Bundespräsident“ bekannt. Seine staatsrechtlich
bedeutsamste Entscheidung war die Auflösung des Bundestages nach der
absichtlich verlorenen Vertrauensfrage Helmut Kohls
1982/1983. Gegen diese Anordnung des Bundespräsidenten hatten einige
Abgeordnete geklagt, das Bundesverfassungsgericht bestätigte in einem
umstrittenen Urteil allerdings Carstens' Entscheidung. |
Richard von Weizsäcker ging als einer der bedeutendsten Bundespräsidenten in die Geschichte ein. Schon seine Rede zum 40. Jahrestag des Kriegsendes
am 8. Mai 1985 brachte ihm großen internationalen Respekt, aber auch
Kritik aus konservativen Kreisen ein, da er die Interpretation des 8.
Mai vom „Tag der Niederlage“ hin zum „Tag der Befreiung“ verschob.
Seine teils scharfe Kritik am Parteienstaat kann auch mit einer
persönlichen Distanz zu dem Bundeskanzler Kohl erklärt werden.
Weizsäcker wurde 1989 wieder gewählt. |
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Der bis zu seiner Wahl als Präsident des Bundesverfassungsgerichtes amtierende Roman Herzog wird besonders als Präsident der Ruck-Rede im Berliner Hotel Adlon
1997 wahrgenommen. Diese Rede war ein Beispiel seiner Kritik an der
politischen Situation in Deutschland. Er begründete damit die Idee der Berliner Rede,
die von Bundespräsident Rau fortgeführt wurde. Herzogs Amtszeit war
geprägt durch die Anprangerung vermeintlicher Versäumnisse der Politik
in Anbetracht der wirtschaftlichen Situation. Auch ein anderes
wichtiges Werk von Herzog begann 1997, als er den Deutschen Zukunftspreis ins Leben rief. |
Johannes Rau führte die Berliner Reden fort und hielt sie jedes Jahr erneut. Er sprach in ihr Themen wie die Integration von Ausländern und die Auswirkungen von Gentechnologie und Globalisierung
an. Er vermied jedoch im Wesentlichen Angriffe auf handelnde Politiker.
Seinen – durchaus nicht nur abwertend gemeinten – Spitznamen „Bruder
Johannes“ hatte er jedoch schon wesentlich früher wegen seiner
öffentlich gelebten Religiosität erhalten. Andere fanden sein
Lebensmotto „Versöhnen statt Spalten“, an das er sich auch während
seiner Amtszeit zu halten versuchte, für den Inhaber des
Bundespräsidentenamtes ideal. Johannes Rau hielt als erster
Bundespräsident eine Rede auf Deutsch vor dem israelischen Parlament, der Knesset. |
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Horst Köhler
ist der erste Bundespräsident, der vorher kein anderes innenpolitisches
Mandat innehatte. Ihm wohlgesinnte Beobachter bescheinigen ihm mit
dieser Begründung größere Unabhängigkeit und Distanz. Seine Äußerungen
zur Tagespolitik tendieren zu einer wirtschaftsfreundlichen und
patriotischen Haltung, etwa indem er die Agenda 2010 von Bundeskanzler Schröder als „noch zu wenig weit reichend“ bezeichnete oder die versuchte Verlegung des Tages der Deutschen Einheit öffentlich kritisierte.
Schon in seiner Antrittsrede direkt nach der Wahl in der
Bundesversammlung wies Köhler darauf hin, dass sich die Einstellung der
Deutschen gegenüber Kindern deutlich ändern müsse. Seine Rede stellte
auch mit den viel beachteten Worten „Ich liebe unser Land“ für manche
einen Tabubruch dar. Viel Lob, aber auch gleichzeitig viel Kritik zog
er auf sich durch die Äußerung, dass unterschiedliche
Lebensverhältnisse in den neuen und alten Bundesländern zur Normalität
gehörten.
Seine bisher staatsrechtlich bedeutsamste Entscheidung war die Neuwahlen
ermöglichende Auflösung des Deutschen Bundestages im Jahr 2005. Auch
hier klagten Politiker gegen diese Entscheidung beim
Bundesverfassungsgericht, wurden jedoch wie zuvor 1983 abgewiesen. (Seit Elly Heuss-Knapp
haben sich die Ehefrauen der Bundespräsidenten auch in dieser –
ungewählten – Position karitativ engagiert. Traditionell übernehmen sie
die Schirmherrschaft über das von Frau Heuss-Knapp begründete Müttergenesungswerk. Von den bisherigen Präsidentengattinnen haben sich besonders Mildred Scheel (Deutsche Krebshilfe) und Christiane HerzogMukoviszidose-Stiftung)
für kranke Menschen eingesetzt. Seit Frau Herzog hat sich das auch
öffentlich dargestellte karitative Engagement eingebürgert.
Ich bedanke mich für Ihr Interesse an Bundespräsident.
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